„Zum Jubiläum wollen wir zeigen, wie wir uns etabliert haben“
Stefanie Gillich ist seit knapp 20 Jahren für das Büro der Zimmerei Gillich in Röttenbach zuständig und seit 2005 Teil der Unternehmerfrauen. In diesem Jahr ist sie als mittelfränkische Bezirksvorsitzende für das FrauenForum zuständig, das in 2024 Jubiläum feiert und daher mit einigen Besonderheiten aufwartet, wie sie im Interview berichtet.
Frau Gillich, das FrauenForum findet in diesem Jahr ab 14. Juni in Beilngries statt und Sie sind seitens der Unternehmerfrauen mit der Organisation betraut. Was erwartet die Teilnehmerinnen?
Der Landesinnungsverband wird jedes Jahr bei der Organisation des FrauenForums von einer Unternehmerfrau quasi als „Expertin vor Ort“ unterstützt, in diesem Jahr bin ich das. Wir haben uns für das Altmühltal als Veranstaltungsort entschieden, weil es in der geografischen Mitte Bayerns liegt und daher für alle gut erreichbar ist. Außerdem hat die Region einen hohen Freizeitwert, ist ein gastronomisches Eldorado und somit perfekt geeignet für das diesjährige Jubiläum. Wir haben mit dem FrauenForum heuer schon 20 Jahre auf dem Buckel und wollen an diesem Wochenende herausstellen, wie wir Frauen uns im Verband etabliert haben.
Am ersten Tag machen wir eine Treidelfahrt auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, also etwas in der Region Traditionelles und Einmaliges. Danach fahren wir nach Beilngries und feiern unseren Jubiläumsabend. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber der Abend wird festlicher als gewohnt. Beim Tagesseminar am Samstag zeigt uns die Referentin den Weg zu einer authentischen und attraktiven Arbeitgebermarke und wie wir diese zum Magnet für Mitarbeiter machen können. Anlässlich des Jubiläums laden wir auch die Damen ein, die vor uns in den Ämtern waren – wir hoffen also auf viele Teilnehmerinnen, einen tollen Austausch und neue Kontakte!
Wie war die Situation innerhalb des Zimmererhandwerks Anfang der 2000er Jahre, als die Unternehmerfrauen sich gründeten?
Ich denke, wir als Fachbereich wurden damals noch vielseitig belächelt. Dann haben aber alle relativ schnell gemerkt, wie wichtig dieser Austausch für die Entwicklung und das Selbstverständnis der jeweiligen Frau und wie gewinnbringend dies wiederum für die Betriebe ist.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Verdienste der Unternehmerfrauen? Und sind bereits alle Ziele erreicht?
Wir haben uns als Fachbereich innerhalb des Verbands etabliert und bestehen immer noch. Wir haben den Baustellenordner, Notfallordner und Personalordner umgesetzt, die den Frauen bei ihrer täglichen Arbeit helfen und dafür sorgen, dass nicht alles zentral auf den Mann zugeschnitten ist. Insbesondere mit dem Notfallordner finden Frauen Hilfe, wenn etwas passiert.
Wir haben jetzt die Herausforderung, dass die Generation nach uns anders tickt. Über den Punkt „wir sind auch wer“, für den wir in der Vergangenheit noch gekämpft haben, ist diese Generation Frau längst hinaus. Unsere Überlegung als Fachbereich Unternehmerfrauen ist nun, welchen Nutzen wir ihnen bieten können. Dazu gehört auch, unseren Namen „Unternehmerfrau“ zur Diskussion zu stellen. Das ist vielleicht ein Anfang.
Wie sind Sie zum Zimmererhandwerk gekommen, wie war Ihre Ausgangsposition damals? Welche Rollen spielte die Seminarreihe „Fachfrau im Zimmererhandwerk“?
Ich bin gelernte Industriekauffrau und habe dann gemeinsam mit meinem Vater den Bauernhof mit Ferienwohnung der Familie übernommen, nachdem meine Mutter aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen ist. Als ich meinen jetzigen Mann Holger kennengelernt habe, wollte meine Schwiegermutter, dass ich in die Zimmerei einsteige und hat mich zu der Seminarreihe Fachfrau geschickt. Und, was soll ich sagen: Das hat mir sämtliche Sorgen genommen. Von meinen Eltern wusste ich, wie schwierig das im Familienbetrieb sein kann. Aber die anderen Damen haben mir gezeigt, wie frei Frau arbeiten kann und wie gut man sich innerhalb einer Zimmerei entwickeln und entfalten kann. Das hat mir so viel Mut gemacht und ich habe für mich festgestellt, dass ich den Schritt gehen und miteinsteigen kann. Dazu muss ich aber auch sagen, dass meine Schwiegereltern mir Bedenken genommen haben.
Neben dem fachlichen Wissen, das in der Seminarreihe vermittelt wird, erhält man ja auch ein Netzwerk, ich habe da Feuer gefangen. Auf einmal gibt es dann die Möglichkeit, wo anzurufen, wenn man Fragen hat usw. das hat mir so gut geholfen. Das ist auch der Grund, warum ich mich engagiere. Ich finde das Netzwerk Frau so wichtig. Etwas Besseres kann nicht passieren, als Informationen und Hilfe direkt von den anderen Frauen zu bekommen. Man spricht die gleiche Sprache.
Wir beweihräuchern uns nicht, sondern reden offen und ehrlich. Alle sind so konstruktiv und so offen. Die „alten Hasen“ binden die Neuen mit ein, das ist phänomenal wie das so ineinander hakt. Wer einmal kommt, der kommt auch wieder. Manchmal passt es terminlich nicht, aber grundsätzlich sind alle begeistert von der guten, konstruktiven, offenen Stimmung.
Viele Neue denken, sie sind die einzigen, die aus einem anderen Metier kommen. Aber auch die Unternehmerfrauen in der ersten Reihe mussten sich das von neuem Erarbeiten mit der Einheirat in den Betrieb des Mannes.
Was möchten Sie Frauen, die nicht in einem Zimmereibetrieb aufgewachsen sind und durch den Partner hineinkommen, mitgeben?
Im Zimmererhandwerk zu arbeiten ist eine wahnsinnig ehrliche und sinnstiftende Tätigkeit, wenn ich das mit dem Alltag in der Industrie vergleiche. Frauen, die sich hier einbringen wollen, finden fruchtbaren Boden und Vielfalt vor. Und ich persönlich mag hier auch einfach den Typ Mensch sehr gerne: Es ist ein so legeres Umfeld mit natürlichen, selbstbewussten und bodenständigen Persönlichkeiten. Neben der beruflichen Tätigkeit darf man Familie sein und dies auch im beruflichen Alltag leben.
Mich hat die Fachfrau im Zimmererhandwerk als Einsteigerin damals (Anm. d. Red.: Seminarreihe des LIV) gleich drei Stufen weitergebracht und deshalb kann ich diese Weiterbildung uneingeschränkt weiterempfehlen. Der Austausch hat mir die Ängste genommen und mich beflügelt. Durch die anderen Teilnehmerinnen wurde mir gezeigt, dass es an mir liegt, was ich daraus mache. Ich habe hier viele Frauen getroffen, die sich in den Betrieben behauptet und ihren Platz gefunden haben. Auch ich habe hier mein Glück gefunden – beruflich und privat.